Im Basketball, auch im Handball gibt es die «Auszeit». Für eine Minute darf das laufende Spiel unterbrochen werden. Wenn eine Mannschaft zurückliegt oder unter Druck gerät, ist das «Time-out» eine Chance, sich neu zu formieren, die eigenen Stärken zu spüren und dann kraftvoll neu ins Spiel zu gehen.
Eine «Auszeit» verspricht, dem Alltag mit seinen Pflichten, Vorgaben und Zeitrastern zu entkommen, ein Wochenende oder eine Woche lang vielleicht in den Bergen, an der See, in der Natur. Auftanken. Durchatmen. Aus der Zeit fallen.
Auch die Bibel markiert Ruhezeiten, prägt und fordert sie sogar: Nach der Schöpfung segnete Gott «den siebten Tag und heiligte ihn, denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk erschaffen hatte.» Seither ist im Judentum der Sabbat und im Christentum der Sonntag ein geheiligter Ruhetag. Während des jüdischen Passahfestes, des Wochenfestes und insbesondere des Laubhüttenfestes ist Zeit für anderes. Freude darf sein im und am Leben, und zwar für alle: «Du sollst an deinem Fest fröhlich sein , du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, die Leviten und die Fremden, die Waise und die Witwe, die in deinen Stadtbereichen wohnen.»
Und darin liegt ein Impuls: Ein wirkliches «Time-out» ist eine Fiktion: Zeit lässt sich nicht anhalten, und keine Pause ist Stillstand. Die Zeit läuft immer. Aber wie und womit und mit wem man sie füllt, das lässt sich zuweilen entscheiden. Auch Jesus suchte oft Zeiten des Alleinseins, «um für sich zu sein und zu beten.» Solche Zeit ist gefüllt, intensiv. Und sie ist anders. Etwas ist tatsächlich «aus» in der Ruhe. Diese Zeit ist einfach da, um sie zu haben: Geschenkte Zeit. Für uns selbst. Für die, die uns guttun. Für das, was gefällt. Für die Freiheit, etwas zu lassen oder auch zu tun:
«Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht», betont Jesus gegenüber denen, die selbst aus der Ruhezeit eine Pflichtübung machen wollen. Nichts ist einfacher, nichts wertvoller, als Zeit einfach zu haben.
Wir dürfen Auszeiten nehmen – ohne schlechtes Gewissen. Denn wir können und brauchen uns den Himmel nicht durch unsere Leistung zu erarbeiten. Urlaub heißt „Erlaubnis“: Jesus erlaubt es uns; Gott, unser Schöpfer erlaubt es. Er hat uns ja so geschaffen, dass wir Auszeiten brauchen. Das ist Gnade: Wir dürfen auch schwach sein.
Ich glaube, wenn wir uns nicht immer wieder solch eine Auszeit aus dem Alltag nehmen, dann ist unsere Zeit bald aus. Dann sind wir selber bald aus: ausgebrannt, ausgelaugt, ausgepowert. Stattdessen lieber immer wieder eine Auszeit, in der wir bei Gott Kraft schöpfen können. Kraft, um dann auch wieder da zu sein für Gott und die Menschen um uns, die oft hilflos „wie Schafe ohne Hirten“ sind. Auch Jesus und die Jünger waren dann wieder für die Menschen da. Aber nicht ohne Auszeit.
Vielleicht ist es eine kleine Hilfe, das Wörtchen AUS in „Auszeit“ einfach als Gedächtnisstütze zu nehmen:
A = Atempause.
U = Urlaub.
S = Sabbat.
AUS-Zeit.
Und zum Schluss noch eine kleine Geschichte
Gott läuft nicht von dir weg
Ein besonders eifriger Mann meditiert Tag und Nacht: Er schläft kaum und isst so gut wie nichts. Wenn Freunde ihn besuchen, schickt er sie bald davon, und für eine Liebste hat er erst recht keine Zeit. Schliesslich begegnet er eines Tages dem Rabbi.
„Mein Lieber“, ruf der „du bist ja völlig erschöpft. Nimm dir Zeit und schone dich!“ – „Aber ich suche Gott“, erwiedert der Mann. „Und woher weisst du“, fragt der Rabbi, „dass Gott vor dir herläuft und du ihm nachrennen musst? Vielleicht ist er hinter dir und vermag dich bei deinem Tempo nur nicht einholen.“
(Aus: Oh! Noch mehr Geschichten für andere Zeiten hrsg. von Andere Zeiten e.V., Hamburg 2010)
Ich wünsche allen erholsame Sommerferien „Auszeit“
Conny Imboden
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